WM 2007 in Sachsenheim

"Das war doch professionell, oder?"

Sagenhafter Windhundesport in Sachsenheim

(von Gerhard Franz)

Wenn Hermann C. Zimmerle, der frühere bekannte Züchter, Künstler und Liebhaber von Windhunden aus Baden-Württemberg, dies noch hätte erleben dürfen, dann hätte er sicher seine helle Freude daran gehabt: Dass von seinem Solitude-Verein, nach dem er auch seinen Zwinger benannt hatte, eine Weltmeisterschaft ausgetragen werden darf. Aber nicht bloß eine Durchschnitts-WM, sondern ein blitzsauberer Wettbewerb, der Ausrichtern und Teilnehmern alle Ehre machte. Es stimmte einfach alles: Die Optik mit der schönen neuen Umzäunung; die Abfolge der Läufe bis hin zu den Finals, der starke Besucherzustrom. Auch der Wettergott spielte mit, der am Samstag und Sonntag jeweils die Sonne scheinen ließ und zur Abkühlung am Samstag ein Gewitter vorbeischickte. Und erst da zeigte sich, wie gut die Bahn vorbereitet war. Denn der massive Niederschlag nach den zweiten Vorläufen floss schnell ab, so dass die Finals anschließend ohne Probleme durchgeführt werden konnten.

Festzustellen war aber in Sachsenheim, dass die traditionelle Vorherrschaft der Deutschen im Windhunde-Amateursport immer weiter schwindet. Während früher die Deutschen ihre Kontingente bei den meisten Rassen ausschöpften und sich die Konkurrenz aus dem Ausland außer bei Whippets, Greyhounds und Afghanen in Grenzen hielt, sieht man nun eine umgekehrte Tendenz. Die Teilnehmerzahlen aus Deutschland schrumpfen, während die ausländische Beteiligung kräftig anwächst. Erlaubt sei ein Vergleich bei der Rasse Barsoi. Bei der Weltmeisterschaft 1996 im ungarischen Rabapatona waren insgesamt 17 Barsois gemeldet, darunter zwölf deutsche, drei österreichische, ein tschechischer und ein finnischer Hund. Die Deutschen stellten also zwei Drittel des gesamten Kontingents. Völlig anders in Sachsenheim 2007: Hier waren 30 Barsois gemeldet, darunter zehn deutsche, sieben belgische, sechs französische, drei tschechische und drei ungarische Teilnehmer sowie ein Hund aus der Schweiz. Trotz der WM im eigenen Land stellten also die Deutschen nur noch ein Drittel der Teilnehmer. Wie sich an der Qualität des Wettbewerbs zeigte, ist diese Entwicklung mit zunehmender Konkurrenz aber höchst förderlich für den Windhundesport.

Trotzdem blieb die deutsche Dominanz jedoch auch nach außen weithin sichtbar. Von den 21 vergebenen Weltmeister-Titeln blieben immerhin zwölf im eigenen Land.

Wie Solitude-Chef Rischer und sein technischer Leiter Helmut Schmidt die WM-Aufgabe lösten, konnte von vielen Gästen bereits im Vorfeld der Wettbewerbe bewundert werden. Mittwochs wurde "Helmuts Rennbahn-Baby", ein grünes Traktor-Ungetüm mit viel Hydraulik und speziellem Wassertank zum Glätten der Bahn, auf einem Tieflader angeliefert. Und freitags zog Helmut Schmidt noch ein neues Stahlseil für den Hasenzug auf – was mancher andere technische Leiter wohl nicht wagen würde, so kurz vor dem Wettbewerb. Doch der Erfolg gibt dem "doppelten Helmut" von Sachsenheim, dem Chef und seinem technischen Leiter, sowie der ganzen Mannschaft und den Funktionären in jeder Hinsicht Recht. Auf die Frage, wovon er bei der Weltmeisterschaft selbst überrascht worden sei, gibt Rischer die Antwort: "Vom Zuschauerinteresse." Dies sei wohl der guten Pressearbeit vorab zu verdanken. Und wirklichen Grund zur Bescheidenheit hat der WRSV-Chef auch nicht: "Der ganze Ablauf war ja professionell, oder?" Neben der langen Vorbereitung hat Rischer mit seinem Team vor der Veranstaltung 14 Tage lang geschuftet, ohne Unterbrechung – und bis mittwochs hat es gedauert, bis alles wieder abgebaut war. Kein Wunder, dass Rischer am Samstag nach der WM feststellte: "Ich bin noch ganz müde."

Auch der frischgebackene Chef der Sportkommission im DWZRV, Frank Schmidt, spart nicht mit Lob für die wohl letzte WM im eigenen Land: "Das war eine organisatorisch herausragende Leistung." Zwar gebe es keine perfekte Veranstaltung, doch das Ereignis in Sachsenheim reiche da ganz nahe heran. Was Schmidt besonders gefallen hat, war das Zusammenspiel der Vereine, die ihre Dienste auch für die weniger beachteten organisatorischen Aufgaben wie den Ausschank angeboten hatten. Besonders hebt Schmidt die Präparierung der Bahn hervor: "Das war ein Super-Geläuf. So eine Großveranstaltung lässt sich wohl nur auf einer Sandbahn ohne Probleme durchziehen." Imponiert haben dem Kommissions-Chef besonders die Finalläufe: "Das war Windhundesport allererster Güte." Bei allem Lob für die Veranstaltung, so Schmidt, dürfe man jedoch die Funktionäre nicht vergessen, die sich bis zum Schluss für das Gelingen der Veranstaltung zur Verfügung stellten.

Ein kleiner Wermutstropfen in der großen Zufriedenheit über eine gelungene Veranstaltung sei gleichfalls vermerkt, ohne den Erfolg schmälern zu wollen. Am Sonntag, als der Schweizer Brändle nach einer Verletzung seiner Greyhound-Hündin Reggae Night abgereist war, wurden die vielen französischsprachigen Teilnehmer aus der Schweiz, aus Frankreich oder aus Belgien nicht mehr mit einer eigenen Ansage bedient. Vielleicht hätte es sich bei den schweizerischen oder saarländischen Teilnehmern gelohnt nachzufragen, ob jemand die französische Ansage übernehmen könnte.

Aber am Rande dieser großartigen WM spielten sich auch einige Dramen ab. So war die Familie Delille aus Ollioules bei Toulon mit einer Anreise von gut 1000 Kilometern fassungslos, als ihr Barsoi-Rüde Viroutchai vom Tierarzt nicht zum Wettbewerb zugelassen wurde. Immerhin ist Viroutchai amtierender Europameister und hätte damit alle Chancen gehabt, auch hier erfolgreich über die Bahn zu gehen. Der Tierarzt begründete seine Entscheidung damit, dass eine Schnittwunde an der Innenzehe des linken Fußes nicht ganz verheilt sei – und dass der Hund noch Druckschmerz verspüre. Also trat Viroutchai gleich am Samstag wieder die Heimreise an. Trotz allen Ärgers über diese Entscheidung wird die Familie Delille, die einen hervorragenden Bandol-Wein anbaut, ja im Herbst wieder mit verheilter Zehe am Europa-Championnat in Belgien antreten können.

Schlimm war auch die am Sonntag verbreitete Nachricht, wonach ein junger Whippet von fünf Monaten im Auto seines Herrchens, dem Vernehmen nach aus Holland, in der Sonnenglut verendet sei. Da lässt sich nur hoffen, dass die Journalisten des Südwestrundfunks, die diesen schlimmen Zwischenfall mitbekamen, verantwortungsvoll mit der Nachricht umgehen und nicht den Eindruck entstehen lassen, dass die Windhundleute nachlässig mit ihren Tieren umgehen würden.

Geredet wurde in den langen Wohnwagen-Gassen aber auch darüber, was bei solchen Veranstaltungen besser gemacht werden könnte. Zum Beispiel darüber, ob man für die Freundschaftsrennen – also die Reserve für die sechs Besten eines Landes – wirklich so viele Teilnehmer zulassen muss. So hatte Belgien zum Beispiel 15 Whippet-Rüden für den Reserve-Wettbewerb gemeldet, die Holländer zehn und die Deutschen acht. Frage: Könnte man sich hier nicht wie bei der ersten Garnitur auf sechs Reservisten beschränken?

Ein Kurzes Fazit sei auch dem Berichterstatter erlaubt: Man muss dem Verein WRSV Solitude und seinem Vorsitzenden Helmut Rischer sowie den vielen Helfern ein dickes Kompliment machen: herzlichen Glückwunsch nach Sachsenheim.